ALTE KUNST: GANDHĀRA
Ausgewählte Werke
Relief mit Devadattas Attentat auf den Buddha
Gandhāra
Naturalistischer Stil
Schiefer
25,5 x 39 x 6 cm HBT
Erhaltungszustand: Die untere rechte Ecke des Reliefs ist abgebrochen.
Das Relief, das ursprünglich nach rechts fortgesetzt war, ist eingerahmt – oben durch einen Fries aus sich überlappenden, lanzettförmigen Blättern, unten durch eine einfache Leiste und an der linken Seite durch ein Paneel mit einem gandhāra-korinthischen Pfeiler. Auf der Rückseite sind ein Loch zur Befestigung, Spuren von Meißelrillen und oben eine quadratische Klammerfuge zur Einführung eines Bolzens zu sehen. Auf der Rückseite sind ein Loch zur Befestigung, Spuren von Meißelrillen und oben eine quadratische Klammerfuge zur Einführung eines Bolzens zu sehen.
Die zentrale Person der Darstellung ist ein stehender Buddha mit einem kleinem Uṣṇīṣa, einem Gewand, das beide Schultern bedeckt. Er berührt mit seiner rechten Hand einen großen, rechteckigen, pfeilerartigen Stein,[1]während er mit der Linken seine Mönchsrobe an einem Zipfel hochhält. Auf der linken Seite des Buddhas steht ein bärtiger Vajrapāṇi in kurzem Gewand, der seinen Vajra mit beiden Händen umfasst. Auf der anderen Seite des Steines stehen von rechts nach links fünf jugendlich aussehende Personen, von denen vier einen zweiten Stein tragen, der hier schräg aufgerichtet dargestellt ist. Die erste Person steht aufrecht, den Kopf zum Buddha hin gewendet, während die zweite halb kniend zum Pfeiler gewendet ist. Beide tragen ein Laṅghoṭī (Lendentuch), ein Kleidungsstück, das in Gandhāra typisch für Ringkämpfer und Athleten ist.[2] Von den weiteren drei Personen auf der anderen Seite des schräg aufgerichteten Pfeilers sind zwei bis zur Brusthöhe gezeigt, während von der dritten, oben links, nur der Kopf zu sehen ist.
Die im Relief dargestellte Legende erzählt von den ersten zwei Attacken des bösen Cousins Devadatta auf Siddhārtha. Dieser bemühte sich, nachdem er dem buddhistischen Orden beigetreten war, erfolglos, die Führung der Gemeinde zu übernehmen. Devadatta versuchte den Buddha durch eine Anschlagsserie zu verdrängen, aber ohne Erfolg. Laut Mūlasarvāstivādin Vinaya ließ Devadatta für seinen ersten Attentatsversuch von einem Ingenieur und 500 Männern eine Maschine anfertigen, mit deren Hilfe der Buddha getötet werden sollte. Devadatta erteilte den Auftrag jedoch erst, nachdem er sich vergewissert hatte, dass die Männer entschlossen waren den Buddha umzubringen, wenn diese Vorrichtung nicht funktionieren sollte. Die Mechaniker bereuten jedoch ihre Tat vor der Inbetriebnahme der Maschine, stiegen zum Buddha herab und wurden bekehrt. Devadattas zweiter Versuch bestand darin, dass er einen großen Stein auf den Buddha schleuderte. Vajrapāṇi zersplitterte ihn jedoch und ein Yakṣa (ein männlicher Naturgeist, verbunden mit Vegetaion und Wohlstand, weibl. Yakṣī) verlor sein Leben, als er versuchte, ein Bruchstück aufzufangen, das den Fuß Siddhārthas verletzte.[3]
Es gibt sehr viele Darstellungen dieser Episode in Gandhāra[4]: für eine Auflistung siehe Taddei und Zwalf.[5]
Abschließend ist noch die Ähnlichkeit zwischen der verdrehten Körperstellung der Figur rechts vom Pfeiler und einer Figur an der linken Seite des Devadattas-Reliefs im British Museum erwähnenswert.[6]
Anna-Maria Quagliotti, 2009
[1] Und nicht eine Mauer, wie ursprünglich geglaubt. Zur Debatte bezüglich dieses Gegenstandes siehe Taddei 1963, 40–41.
[2] Als auch für Vajrapāṇi (siehe z.B. Relief Nr. G.50/A23274 im Indian Museum, vgl. Kurita 1988, Abb. 317), oder einige junge Leute, die eine Sänfte tragen (z.B. auf dem Relief Nr. 1903/neu Nr. 21 im Peshawar Museum, das Māyās Rückkehr nach Kapilavastu zeigt; vgl. ibid.: Abb. 62).
[3] Der dritte Versuch war, den wilden Elefanten Nālāgiri auf ihn loszuschicken, der durch das Mitgefühl des Buddha zurückgehalten wurde und ihm seine Huldigung entgegenbrachte.
[4] Zu der komplexen Frage, ob einige von ihnen den ersten, zweiten oder beide Angriffe repräsentieren, siehe Taddei 1963, 40–41, mit Literaturnachweisen; Zwalf 1996, 192– 193, mit Literaturnachweisen.
[5] Taddei 1963, 40, mit Verweisen; Zwalf 1996, 192–193. Als weiteres Beispiel könnte das Relief aus einer privaten japanischen Sammlung dienen (Kurita 1988, Abb. 357), obwohl der Autor nicht in der Lage gewesen ist, es persönlich in Augenschein zu nehmen, und daher nicht seine Authentizität beurteilen kann
[6] London, British Museum, Nr. OA 1913.11–8.22; siehe: Zwalf 1996, 192–193, Nr. 212.
Katalog _ Museum DKM: Gandhāra, 40 – 43, Kat-Nr. 2.